Echtes Abgrenzen vs. Abgrenzungs-Schattenkampf

04.02.2023 / Oliver Wittwer / PDF

UnterscheidungsvermögenAnalysenÄngste

Bei einem Angriff, einen Übergriff, oder wenn unsere Integrität nicht respektiert wird, mag es ein notwendiger Schritt sein, sich abzugrenzen oder zu schützen. In so einem Fall grenzen wir uns aktiv gegen den Willen oder die Absicht des anderen ab. Wir bleiben uns treu und erhalten aktiv unsere Integrität. Das ist ein notwendiger mentaler Kraftakt. Wir fokussieren uns dann auf die Absichten des anderen, der uns gegen unseren Willen etwas aufdrängen will.

Doch manchmal entwickeln wir dieses Bedürfnis der Abgrenzung auch dann, wenn jemand lediglich eine andere Ansicht oder andere Vorlieben als die unsrigen äussert oder vertritt. Machen wir das, dürfen wir uns fragen, wieso wir uns in diesem Fall komplett auf den Willen des anderen fokussieren, ohne dass sich dieser uns aufgedrängt hat oder in uns eindringen wollte. Denn dann sind wir mental mit seinen Gedanken beschäftigt und kämpfen gegen sie. Und wir vergessen dabei unseren eigenen Willen. Wir sind dann nicht bei uns. Und wir haben übersehen, dass der andere uns gar nichts aufdrängen wollte. Das kann dazu führen, dass wir uns komplett als Opfer von den Ansichten anderer fühlen, einen Schattenkampf führen und einen Schattentanz aufführen, den wir im Grunde unnötigerweise selber verursachen.

Wenn wir nicht bei uns sind und nicht zu unserer Wahrheit stehen, respektive gar keine eigene gefestigte Wahrheit besitzen, entsteht ein Vakuum, weil wir nicht in und bei uns sind, und wir uns nicht gefestigt in uns fühlen. Dadurch füllt sich unser Inneres leicht mit den Gedanken des anderen und bedroht uns (fiktiv). Wären wir bei uns und würden zu unseren Ansichten stehen, würde dieses Bedürfnis der "Abgrenzung" nicht hochkommen.