Wie die geistige Welt uns führt - Teil 2

18.07.2022 / Oliver Wittwer / PDF

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In einem früheren Artikel habe ich Einblicke darüber geteilt, wie die geistige Welt uns führt. Ich sprach vom Seelenplan, in dem die wichtigen Ereignisse und Schritte in unserem Leben geplant sind.

Oft hatte ich mich schon gefragt, ob es möglich ist, schneller auf seinem Seelenplan unterwegs zu sein als vorhergesehen. Und ob es möglich ist, anderen Menschen zu helfen, ihre Entwicklung zu beschleunigen. Ich ging früher wie selbstverständlich davon aus, dass dies möglich ist. Doch meine Beobachtungen vieler Menschen, einschliesslich mich selber, scheinen darauf hinzudeuten, dass dies so nicht möglich ist. 

Beispielsweise hoffte ich schon öfters, diese oder jene Methode könnte mir helfen, ein Thema endlich zu lösen. Die Erfahrungen, als ich dann den Kurs besuchte oder die Methode anwandte, waren zwar angenehm, und ich glaubte in dem Moment, es würde mich einen grossen Schritt weiter bringen. Doch letztendlich verliefen diese Anstrengungen im Sand. Andersherum gab es in meinem Leben immer wieder innere Impulse, die mich dazu bewegten, mich mit diesem oder jenem zu beschäftigen. So eignete ich mir, einem inneren Impuls und Interesse folgend, viele technische Fähigkeiten und Wissen an. Später stellte ich fest, dass genau diese Fähigkeiten die Möglichkeiten eröffneten, gewisse Aufgaben oder Tätigkeiten zu verrichten. Vieles fügte sich wie ein Puzzle und baute aufeinander auf. Dann gab es auch Themen, die mich eigentlich total faszinierten, ich es aber nie schaffte, die damit verbundenen Pläne oder Vorhaben umzusetzen. Es fühlte sich an wie eine innere Wand, die mich davon abhielt. Zusammengefasst fühlt sich mein Leben an, als wäre ich eine Spielfigur in Eile mit Weile. Ich konnte mich nur in den vorgegebenen Bahnen bewegen. Manchmal schneller, manchmal langsamer. 

Und so beobachtete ich es auch bei meinen Mitmenschen. Ich sah, wie sie irgendwo feststeckten. Die Lösung, wie ich sie erkannte, lag nur ein Gedanke weit entfernt. Doch wenn ich versuchte, diesen Gedanken dem Anderen mitzuteilen, kam er einfach nicht an. Er konnte oder wollte es nicht verstehen und erfand Ausreden, lenkte ab usw. Er schien einfach noch nicht reif zu sein. Anders ausgedrückt, die entsprechende Station in seinem Seelenplan war noch nicht erreicht. 

Es scheint, dass die Menschen sich so viel und so intensiv mit etwas beschäftigen können, wie sie wollen. Ist die Seele noch nicht reif, wird nichts Wesentliches in ihrem Inneren geschehen. Ich kenne Menschen, die die gesamte spirituelle Literatur gelesen hatten, und doch sind sie in ihrer inneren Entwicklung bei vielen Themen nicht weiter gekommen. Es hat sie nicht erreicht.

Und auch habe ich Menschen beobachtet, die sich sehr grosse Ziele gesetzt haben, wie z.B. die Welt retten mit ihrer Methode oder ihrem Wissen. Und auch bei ihnen nehme ich einen Deckel wahr, der das verhindert, was sie sich eigentlich vorgenommen hatten. Sie scheinen in wesentlichen Aspekten blind zu sein und selber nicht weiterzukommen. Und sie ziehen genau die Menschen an, die ebenso genau dort blind sind und nicht weiterkommen. Und doch sind sie weiterhin überzeugt, das Richtige zu tun und viel zu bewirken. 

Mir erscheinen manche Vorhaben wie ein riesiges Hamsterrad. Zusammen mit dem Meister, dem Coach, dem Autor, drehen sie ihre Runden und treten immer wieder an derselben Stelle. Bei manchen geht dann plötzlich ein Licht auf und ihre Entwicklung vollzieht einen grossen Sprung. Doch beim genauen Hinsehen scheint nicht die Methode, das Wissen oder die Übung der entscheidende Faktor gewesen zu sein. Nein, es scheint als hätte die Seele die entsprechende Reife ereicht. Und dann macht sie diesen Schritt. Mit oder ohne Methode, Wissen oder anderen Hilfsmitteln. 

Die Absicht, Menschen zu helfen, sie bei ihrer Befreiung und Entwicklung zu unterstützen, finde ich edel. Ich tue das ja auch selber. Doch ich sehe bei vielen Menschen, die dies tun, dass bei ihnen ein grosses Bedürfnis mitspielt, gesehen, geliebt und anerkannt zu werden. Es treibt sie der Wunsch an, sich durch ihr Tun wichtig und wertvoll zu fühlen. Das ist wohl der Aspekt, der die Vorhaben zu Hamsterrädern mutieren lässt. Für jedes Bedürfnis nach Bestätigung, wichtig zu sein, geliebt und gesehen zu werden, gibt es ein breites Freizeitangebot. Hamsterräder eben. Hier kann man sich so lange austoben, wie man möchte. Man kommt nicht weiter. Es sei denn, die Seele steht vor der nächsten Station. 

Kommen wir zurück zum Seelenplan. Betrachten wir ihn einmal einfach als Drehbuch, in dem genau festgelegt und vereinbart wurde, was jeder Mensch in welcher Reihenfolge lernen und erkennen will. In ihm gibt es Begegnungen mit bestimmten Menschen, die wichtig sind, und die stattfinden werden, weil sie durch die geistige Welt zum gegebenen Zeitpunkt arrangiert werden. Es gibt Phasen, in denen ganz bestimmte Reifungsprozesse stattfinden müssen, um bereit für die nächste Station zu sein. Die meisten Begegnungen im Alltag, all die Aktivitäten, denen wir nachgehen, die Arbeiten, die wir in unserem Job erfüllen, sind allerdings für unsere seelische Entwicklung nicht so sehr relevant. Damit uns dabei nichts Unvorhergesehenes passiert oder unser Leben hier nicht vorzeitig beendet wird, gibt es die Schutzengel. Sie verhindern, dass wir in Situationen geraten, die nicht unserem Seelenplan entsprechen. Und sie sorgen auch dafür, dass wir uns nicht zu sehr verrennen und eine falsche Abbiegung in unserem Leben wählen. 

Es gibt eine definierte Abfolge. Für jeden Menschen. Dabei hängt der Zeitpunkt einer wichtigen Begegnung nicht nur von uns ab, sondern auch von unserem Gegenüber. So erscheint mir die Gesamtheit aller Seelenpläne wie ein riesiges Uhrwerk. Die Zahnrädchen greifen präzise ineinander. Keines darf frühzeitig ausscheren oder alleine schneller drehen als es die anderen erlauben. Die individuelle Entwicklung eines Menschen ist vergleichbar mit der Entwicklung eines Samens hin zu einem Baum. Die Entwicklung und Reifung erfolgt in einer vorherbestimmten Reihenfolge und auch Geschwindigkeit. Es gibt hier kein Überholen, kein "Ziehen an den Grashalmen", damit sie schneller wachsen. Ist eine Reifungsphase abgeschlossen, wird ein entsprechender Impuls von aussen oder innen den nächsten Schritt anstossen. Liegt der Impuls nicht "auf der Strasse" oder im eigenen Bücherregal, so wird die geistige Welt dafür sorgen, dass er zur rechten Zeit geliefert wird. 

Es scheint also, dass wir unsere oder fremde Seelenpläne nicht signifikant beschleunigen können. Gelingt es einem Menschen, früher als geplant einen Entwicklungsschritt zu vollziehen, wird sein Licht, welches dadurch erstrahlt, das gesamte Räderwerk, jedoch nicht punktuell die individuelle Entwicklung einzelner Menschen beschleunigen. Denn wäre es so, so würde die Gesamtheit aller Seelenpläne durcheinandergeraten. Selbst die geistige Welt wäre dann damit überfordert, all die individuellen Entwicklungswege der Menschen zu managen. 

Vielleicht kommt eine Zeit, in der kaum mehr selbstsüchtige und von Gott und sich selbst getrennte Seelen auf der Erde weilen. Dann ist es denkbar, dass die Menschen ohne feste Seelenpläne inkarnieren, weil sie sich dann in einem Feld der Nächstenliebe bewegen und daher keinen Schutz vor den von Gott abgewandten Seelen benötigen. 

Wir können es uns also sparen, ein Hamsterrad zu erbauen und uns einzubilden, wir würden die Welt retten. Insbesondere dann, wenn der Antrieb für unsere Vorhaben aus unserem Ego, dem Wunsch nach Bestätigung etc. entspringt, oder dieser ein wesentlicher Antrieb dabei ist. Viel sinnvoller erscheint es mir deshalb, nach unserer inneren Zufriedenheit zu streben, uns unserem Verhältnis und unserer Liebe zu uns selber zu widmen, unsere eigenen Schatten zu beleuchten und anzunehmen, sowie einfach weiter nach Wahrheit zu streben. 

Jeder Schritt dahin macht die Zeit bis zur nächsten Station auf unserem Seelenweg leichter und glücklicher, auch wenn er die Zeit nicht verkürzt. Wir werden aber dadurch unser Leben besser geniessen können. Und wir müssen dann niemandem beweisen, dass wir wertvoll sind. Denn wir erkennen, dass wir es bereits sind, egal wie viel wir tun. Und je mehr wir unserem Selbst begegnen, uns selber wahrhaftig erkennen, desto mehr werden wir automatisch und von innen heraus die Liebe in die Welt verströmen. Wir müssen uns dann dafür kein Hamsterrad mehr erbauen.