Wie das Opfergefühl uns zum Täter macht

30.12.2022 / Oliver Wittwer / PDF

GesellschaftÄngsteUnterbewusstsein

Manche Worte oder Verhaltensweisen anderer Menschen erzeugen in uns so grossen Widerstand, dass wir auf mentale Gewalt oder Manipulation zurückgreifen, um den anderen zum Schweigen zu bringen, ihm diese Gedanken zu verbieten, oder ihn davon abzuhalten, das zu tun, was uns stört. Dieses Verhalten beobachte ich noch bei sehr vielen Menschen. Auch ich ertappe mich manchmal noch dabei, dass ich in diese Muster verfalle.

Wir erzeugen diesen enormen Widerstand, weil wir uns entweder komplett dem Urteil der Anderen unterstellen, ihren Gedanken und Worten so viel Macht geben, dass sie damit über uns bestimmen können. Oder weil wir uns durch ihre Verhaltensweisen so bedroht fühlen, dass wir uns komplett wie ein machtloses Opfer verhalten.

Mögliche Gründe dafür sind: Uns fehlt ein gesundes Selbstwertgefühl, weil wir glauben, nicht gut genug zu sein, falsch zu sein, oder unsere eigenen Schwächen ablehnen und vor uns selber und anderen verstecken. Oder wir fühlen unsere eigene Wahrheit nicht wirklich in uns, und sind nicht wahrhaftig von ihr überzeugt, wollen sie aber festhalten und haben daher Angst, sie könnte sich als nicht wahr herausstellen. Oder wir haben einfach Angst, etwas zu verlieren, wenn der andere das tut, was er tut. Oder auch, weil wir uns an unsere eigenen inneren Grenzen und Ängste erinnert fühlen, die uns zutiefst stören.

So fühlen wir uns als Opfer. Und da wir uns nicht als Opfer fühlen wollen, werden wir zum Täter.

Ein effektiver Weg aus diesem Opfer-Täter-Spiel besteht darin, dass wir uns diesen Ängsten stellen, unsere abgelehnten Eigenschaften und Bedürfnisse anerkennen und wertschätzend annehmen, oder unsere Glaubenssätze und Wahrheiten mutig infrage stellen und bereits sind, die Konsequenzen daraus, sollten sie sich als nicht wahr herausstellen, zu akzeptieren.