Schubladendenken
20.08.2021
/ Oliver Wittwer
/ PDF
WeltbilderUnterscheidungsvermögenUnterbewusstsein
Immer wieder sehe ich Posts und Artikel sowohl in alternativen Kanälen, als auch in Mainstream-Medien, deren Inhalte als vermeintliche Wahrheiten vermittelt werden. Oft kann ich diese entweder sofort, oder nach kurzer Auseinandersetzung damit als Falschinformation oder zumindest als Halbwahrheit entlarven.
Halbwahrheiten sind Pakete aus wahren und unwahren Informationen, die als insgesamt wahr verkauft werden. Oder es handelt sich um Texte, die durch manipulativen Formulierungen unterschwellig eine vermeintliche Wahrheit zu vermitteln versuchen.
Was mich dann manchmal triggert ist die Beobachtung, dass viele Menschen diese Informationen unreflektiert glauben und sie dann als Wahrheit betrachten. Die einen glauben dabei fast alles aus den Mainstream-Medien und halten alles aus den alternativen Kanälen für Humbug. Die anderen tun dies genau umgekehrt. Mir ist bewusst, dass vielen Menschen das Hintergrundwissen fehlt, solche Informationen selber zu beurteilen.
Was ich in meinem Leben beobachtet und gelernt habe ist, dass es keine einzige Informationsquelle und keinen Menschen gibt, der sich nie irrt. Auch wenn einzelne Individuen sich für allwissend halten, oder gewisse Menschen von anderen für allwissend gehalten werden, habe ich feststellen müssen, dass es keinen Menschen gibt, der dieses Kriterium tatsächlich erfüllt.
Aus dieser Erkenntnis habe ich Folgendes geschlossen: Auch ich werde mir nie sicher sein können, dass ich mich bei keiner Sache irre oder den vollen Überblick und das vollständige Hintergrundwissen besitze. Da ich mich aber der Wahrheit verpflichtet fühle und schon immer nach Wahrheit gestrebt habe, musste ich gezwungenermassen in meinem Denken flexibler werden. Ich habe also begonnen, anstatt (metaphorisch) mein Weltbild aus Mauerwerk und Ziegel weiterzubauen, es durch Leichtbauelemente zu ersetzen. Es bleibt weiterhin stabil und tragfähig. Aber wenn die Notwendigkeit besteht, etwas zu korrigieren, kann ich das leichter machen, als wenn ich beispielsweise eine Betonmauer im ersten Stock entfernen muss.
Übersetzt heisst das: Ich stecke Informationen nicht einfach in die Schublade "Wahr" oder "Falsch", sondern ich habe mir ein viel differenzierteres Ordnungssystem zugelegt. Und wenn sich zeigt, dass ich eine Information falsch einsortiert habe, stecke ich sie in eine andere Schublade.
Die Metapher mit den Schubladen ist natürlich zu eindimensional, aber sie veranschaulicht gut, was in unseren Denkprozessen im Verborgenen vorgeht: Wir alle versehen Informationen mit Labels - eben vergleichbar mit der Ablage in eine Schublade. Leider haben viele Menschen nur wenige Schubladen: Richtig und falsch, Gut und Böse, schön und hässlich. Etwas dazwischen scheint es in einigen Köpfen nicht zu geben. Dieses klassische relativ einfache Schubladendenken bringt seine Nachteile mit sich. Denn eine einmal als wahr oder falsch abgespeicherte Information umzusortieren fällt vielen Menschen sehr schwer. Lieber halten sie an dieser falschen Einordnung der Information fest und verteidigen sie sogar.
Wenn ich über mein eigenes Ordnungssystem nachdenke, könnte es (vereinfacht und exemplarisch zusammengefasst) in etwa so aussehen:
Selber erlebt Überprüft und als wahr befunden Glaubwürdig Sehr wahrscheinlich wahr Will ich glauben Interessant Uninteressant Relevant Irrelevant Will ich nicht glauben Zu überprüfen Unglaubwürdig Kann ich nicht beurteilen Kann ich nicht prüfen Sehr wahrscheinlich falsch Überprüft und als unwahr befunden Ansprechend Nicht ansprechend
Und natürlich versehe ich die meisten Informationen mit mehreren Labels. Zudem betrachte ich all mein Wissen mittlerweile einfach als Hypothese. Und ich hüte mich in der Regel davor, etwas für absolut wahr zu halten, obwohl ich durchaus an eine absolute Wahrheit glaube. Nur werde ich vermutlich nie in der Lage sein, etwas absolut zu wissen. Denn wie ich in einem anderen Artikel bereits beschrieben habe: "Wir glauben zu wissen, wissen aber oft nicht, dass wir nur glauben".
WeltbilderUnterscheidungsvermögenUnterbewusstsein

Immer wieder sehe ich Posts und Artikel sowohl in alternativen Kanälen, als auch in Mainstream-Medien, deren Inhalte als vermeintliche Wahrheiten vermittelt werden. Oft kann ich diese entweder sofort, oder nach kurzer Auseinandersetzung damit als Falschinformation oder zumindest als Halbwahrheit entlarven.
Halbwahrheiten sind Pakete aus wahren und unwahren Informationen, die als insgesamt wahr verkauft werden. Oder es handelt sich um Texte, die durch manipulativen Formulierungen unterschwellig eine vermeintliche Wahrheit zu vermitteln versuchen.
Was mich dann manchmal triggert ist die Beobachtung, dass viele Menschen diese Informationen unreflektiert glauben und sie dann als Wahrheit betrachten. Die einen glauben dabei fast alles aus den Mainstream-Medien und halten alles aus den alternativen Kanälen für Humbug. Die anderen tun dies genau umgekehrt. Mir ist bewusst, dass vielen Menschen das Hintergrundwissen fehlt, solche Informationen selber zu beurteilen.
Was ich in meinem Leben beobachtet und gelernt habe ist, dass es keine einzige Informationsquelle und keinen Menschen gibt, der sich nie irrt. Auch wenn einzelne Individuen sich für allwissend halten, oder gewisse Menschen von anderen für allwissend gehalten werden, habe ich feststellen müssen, dass es keinen Menschen gibt, der dieses Kriterium tatsächlich erfüllt.
Aus dieser Erkenntnis habe ich Folgendes geschlossen: Auch ich werde mir nie sicher sein können, dass ich mich bei keiner Sache irre oder den vollen Überblick und das vollständige Hintergrundwissen besitze. Da ich mich aber der Wahrheit verpflichtet fühle und schon immer nach Wahrheit gestrebt habe, musste ich gezwungenermassen in meinem Denken flexibler werden. Ich habe also begonnen, anstatt (metaphorisch) mein Weltbild aus Mauerwerk und Ziegel weiterzubauen, es durch Leichtbauelemente zu ersetzen. Es bleibt weiterhin stabil und tragfähig. Aber wenn die Notwendigkeit besteht, etwas zu korrigieren, kann ich das leichter machen, als wenn ich beispielsweise eine Betonmauer im ersten Stock entfernen muss.
Übersetzt heisst das: Ich stecke Informationen nicht einfach in die Schublade "Wahr" oder "Falsch", sondern ich habe mir ein viel differenzierteres Ordnungssystem zugelegt. Und wenn sich zeigt, dass ich eine Information falsch einsortiert habe, stecke ich sie in eine andere Schublade.
Die Metapher mit den Schubladen ist natürlich zu eindimensional, aber sie veranschaulicht gut, was in unseren Denkprozessen im Verborgenen vorgeht: Wir alle versehen Informationen mit Labels - eben vergleichbar mit der Ablage in eine Schublade. Leider haben viele Menschen nur wenige Schubladen: Richtig und falsch, Gut und Böse, schön und hässlich. Etwas dazwischen scheint es in einigen Köpfen nicht zu geben. Dieses klassische relativ einfache Schubladendenken bringt seine Nachteile mit sich. Denn eine einmal als wahr oder falsch abgespeicherte Information umzusortieren fällt vielen Menschen sehr schwer. Lieber halten sie an dieser falschen Einordnung der Information fest und verteidigen sie sogar.
Wenn ich über mein eigenes Ordnungssystem nachdenke, könnte es (vereinfacht und exemplarisch zusammengefasst) in etwa so aussehen:
Selber erlebt Überprüft und als wahr befunden Glaubwürdig Sehr wahrscheinlich wahr Will ich glauben Interessant Uninteressant Relevant Irrelevant Will ich nicht glauben Zu überprüfen Unglaubwürdig Kann ich nicht beurteilen Kann ich nicht prüfen Sehr wahrscheinlich falsch Überprüft und als unwahr befunden Ansprechend Nicht ansprechend
Und natürlich versehe ich die meisten Informationen mit mehreren Labels. Zudem betrachte ich all mein Wissen mittlerweile einfach als Hypothese. Und ich hüte mich in der Regel davor, etwas für absolut wahr zu halten, obwohl ich durchaus an eine absolute Wahrheit glaube. Nur werde ich vermutlich nie in der Lage sein, etwas absolut zu wissen. Denn wie ich in einem anderen Artikel bereits beschrieben habe: "Wir glauben zu wissen, wissen aber oft nicht, dass wir nur glauben".
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